Freitag, 24. Februar 2012

Fette Teil 2 - Verdauung und Resorption - LDL und HDL


Nachdem in Teil 1 der Fette ihr Aufbau und ihre Bedeutung besondere Geltung fand, widmen wir uns nun ihrem Verhalten im Körper zu. Um die Vorgänge im Körper besser verstehen zu können muss ich sie allerdings über eine der grundlegendsten Eigenschaften der Fette aufklären: Sie sind wasserunlöslich, oder auch hydrophob (übersetzt: Angst vor Wasser → das Gegenteil wäre hydrophil – Wasser liebend) und sie sind unpolar (was in etwa (nicht ganz) das Selbe bedeutet). Genau dies macht die Materie nicht gerade einfach. Zwar werde ich mich bemühen diesen teil so einfach und verständlich wie Möglich zu gestalten – sollten allerdings Fragen aufkommen benutzen sie einfach die Kommentarfunktion.

Wenn man sich den Verdauungstrakt des Menschen genauer ansieht, fällt auf, dass die Nahrung vor allem im wässrigem Medium verarbeitet und die Nährstoffe befördert werden. Die Evolution war natürlich nicht untätig, vor allem deshalb weil – wie in Teil 1 schon berichtet - Fette sehr energiereich sind. In den folgenden Absätzen möchte ich ihnen nun diese Vorgänge näher bringen.

Am Anfang steht natürlich die Nahrungsaufnahme – hier wird die Nahrung schon mal grob zerkleinert. Hier wird auch schon das erste Enzym für die Fettverdauung in den Speichel abgegeben. Es hat den passenden Namen Zungengrundlipase . Dieses wird allerdings erst in einer sauren Umgebung aktiv – gut, dass der Speisebrei über die Speiseröhre gleich in den Magen befördert wird – wo der pH durch die dort vorherrschende Salzsäure bei etwa 2 liegt. Die Zungengrundlipase spaltet allerdings nur etwa 10% der vorhandenen Triglyceride. Die Magenbewegungen sorgen aber dafür, dass der Speisebrei noch weiter zerkleinert wird und die verschiedensten Inhalte gut verteilt werden bevor sie in den Zwölffingerdarm abgegeben werden. Genau dort geht es dann Schlag auf Schlag. Um die Übersicht zu wahren hier ein paar Punkte die in etwa Zeitgleich ablaufen.

  • Der Speisebrei wird „neutralisiert“ - das heißt nicht, dass er einfach verschwindet sondern, dass durch sogenannte Puffer der pH in etwa den neutralen Bereich von 7 angehoben wird.
  • Die Bauchspeicheldrüse (auch Pankreas genannt) gibt die verschiedensten Enzyme zur Verdauung ab. Für Fette wichtig: die Lipase
  • Die Galle gibt die Gallenflüssigkeit ab, diese spielt eine wichtige Rolle in der Fettverdauung da sie die Rolle eines Emulgators einnimmt. Einer Art „Botschafter des Friedens" zwischen hydrophilen und hydrophoben Stoffen.
  • Zudem wird der restliche Speisebrei natürlich weitertransportiert in die unteren Abschnitte des Dünndarms, weiter in den Dickdarm und dann als Fäzes ausgeschieden – für die Absorbtion der Fette spielt dies aber keine Rolle.

Der genaue Ablauf sieht folgendermaßen aus: Der Gallensaft emulgiert die Trigyceride. Das heißt: Er sorgt dafür, dass winzige Tröpfchen von Fetten umgeben sind vom wässrigen Medium. Dies ist die ideale Arbeitsbedingung für die Lipase, die nun das Glycerin von den Fettsäuren abspaltet. Hier trennt sich nun kurzfristig der Weg der Fettsäuren auf: Während kurz und mittelkettige Fettsäuren in den Blutkreislauf absorbiert werden und mittels Transportprotein Albumin über die Portalvene zu den Zielzellen transportiert werden, haben die langkettigen Fettsäuren einen etwas aufwendigeren Weg dieser sieht so aus:

Mehrere Fettsäuren lagern sich zu sogenannten Mizellen zusammen und werden dann an der Bürstensaummembran des Duodenums passiv in die Zelle aufgenommen (passiv bedeutet in der Physiologie übrigens immer, dass keinerlei Energie verwendet wurde). Mit an Bord sind die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K. Die zuvor noch abgespaltenen Fettsäuren werden hier wieder zu Triglyceriden zusammengebaut und gemeinsam mit Cholesterin und den fettlöslichen Vitaminen an Lipoproteine („Fettransporter“) gebunden. Zusammen nennt man dies nun Chylomikronen. Diese werden nun an die Lymphe abgegeben und verteilen sich im Körper. Vor allem in den Kapillaren des Muskel- und Fettgewebes treffen sie dann die Lipoproteinlipase die einen Großteil der Triglyceride in ihnen wieder spaltet und somit das umliegende Gewebe (also Fett- und Muskelgewebe) die so entstanden freien Fettsäuren aufnehmen kann. Bei den Muskelzellen dienen sie vor allem der Energiegewinnung (in der Biochemie auch ß-Oxidation genannt – mehr dazu in Teil 3) und im Fettgewebe zur Energiespeicherung. Die zurückgebliebenen Partikel, die nun einen hohen Gehalt an Cholesterin aufweisen, werden nun Chylomikronen-Remnants genannt. An diese lagert sich das Apolipoprotein E an, welches die Aufnahme in die Leber bewerkstelligt. Ca. 10 Stunden nach der Nahrungsaufnahme sind keine Chylomikronen im Körper mehr nachweisbar.

In der Leber selbst wird dann VLDL (Very-Low-Density-Lipoprotein) synthetisiert und in das Blut abgegeben, Dieses hat einen hohen Anteil an Triglyceriden, welche es nach und nach abgibt und sich dadurch verändert. So wird aus dem VLDL zunächst das IDL (Intermediate Density Lipoprotein) um dann zum LDL (Low desnity Lipoprotein) zu werden. Letzteres ist das vielfach zitierte „böse Cholesterin“. Der Hintergrund ist der, dass LDL einen hohen Gehalt an Cholesterin aufweist und dieses noch dazu zu den Zellen bringt.

Was aber ist daran schlecht?

Das Molekül Cholesterin ist an und für sich ein recht nützliches: es ist Bestandteil von Zellmembranen (Diese sind quasi die „Grenze“ zwischen Zellinneres und Zell-äußerem), wird als Vorstufe zu den Gallensäuren (sie erinnern sich: diese emulgieren die Trigylceride) und Steroid-Hormonen benötigt und wird durch Sonneneinstrahlung in der Haut dazu bewegt Vitamin D zu synthetisieren.
Ein Problem ist allerdings, dass LDL sehr leicht oxidiert werden kann. Dabei wird vor allem Vitamin E (fettlösliches Vitamin) verbraucht, welches als Antioxidans dies zu verhindern versucht. Gerade aber bei einem sehr hohen Anteil von LDL entsteht dann aber doch einiges an oxidiertem LDL welches von den Makrophagen (welche zur Immunabwehr des Körpers gehören und auch als Fresszellen bezeichnet werden) an den Arterienwänden konzentrationsunabhängig und ungehemmt aufgenommen und gespeichert wird. Irgendwann  „überfressen“ sich die Makrophagen und Schaumzellen entstehen die die Arterienwände immer mehr und mehr verkleinern – das Blut braucht dadurch einen erhöhten Druck um durchzukommen (-> Bluthochdruck) und im schlimmsten Fall kommt es gar nicht mehr durch. Es kommt zum Infarkt.

Gott sei Dank besitzt der menschliche Körper aber auch ein „gutes Cholesterin“ das HDL (High Density Lipoprotein). Dieses hat die wunderbare Eigenschaft überschüssiges Cholesterin von den Zellen und den Gefäßwänden zurück zur Leber zu transportieren – wo es dann in Gallensäuren umgewandelt und über die Gallenflüssigkeit ausgeschieden werden kann.

Die Quintessenz des ganzen ist: HDL gut, LDL böse. Je nachdem welche Fette wir zu uns nehmen desto mehr verändert sich die Konzentration zu Gunsten von einem der Beiden. Dies wurde natürlich durch viele Studien ausreichend getestet und ich will ihnen die Ergebnisse nicht vorenthalten:

  • Trans-Fettsäuren (hydrierte Fette, „süße“ Brotaufstriche, frittierte Produkte) sorgen für den Anstieg des Gesamt- und LDL-Cholesterins während es HDL verringert.
  • Gesättigte Fettsäuren ( vor allem in Fleisch und Fleischprodukten, Milch und Milchprodukten sowie in tropischen Ölen (Kokos und Palmöl) erhöhen Gesamtcholesterin und LDL-Cholesterin im Blut – zwar ist auch ein geringer Anstieg des HDL-Cholesterin zu verzeichnen, das Verhältnis der Beiden liegt aber auf Seiten des LDL
  • Einfach ungesättigte Fettsäuren (vor allem in Oliven- und Rapsöl, Nüssen und Samen) verringern Gesamtcholesterin und LDL. Zwar wird auch HDL geringfügig verringert das Verhältnis liegt allerdings dieses mal auf Seiten des HDL
  • Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sollte man in Omega 6 und Omega 3 Fettsäuren trennen:
    • Omega-6-Fettsäuren (in Pflanzenkeimen, und pflanzlichen Ölen) bewirken eine Verringerung des Gesamt und LDL Cholesterin – aber auch HDL wird verringert
    • Omega-3-Fettsäuren (vor allem im Fisch) bewirken eine Verringerung der Triglyceridbildung in der Leber – und somit eine Verringerung der VLDL Bildung

Wie schon in Teil 1 berichtet ist daher eine Fettversorgung über pflanzliche Fette und über Fisch weg von Fleisch empfehlenswert.

In Teil 3 werden sie mit dem verbliebenen Stoff der Fette konfrontiert: ß-Oxidation, komplexe Lipide und alles was sonst noch eine Bedeutung für den menschlichen Körper hat. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich in diesem Aufgrund der Komplexität des Stoffes weniger Rücksicht nehmen werde und dieser für Personen ohne chemische und physiologischer Ausbildung anstrengender zu Lesen sein wird. Ich denke aber dass durch das lesen von Teil 1 und Teil 2 man noch durchaus mitkommen kann.

Mittwoch, 8. Februar 2012

Fette Teil 1 - Aufbau, Bedeutung, Zufuhrsempfhelungen


Ich beginne meinen Blog mit einem Thema welches immer wieder von Laien falsch interpretiert wird: Den Fetten – wissenschaftlich auch Lipide genannt. Für meine Recherchen verwende ich hauptsächlich die Vorlesungsunterlagen vom Fach Makronährstoffe auf der Universität Wien und, falls für mein eigenes Verständnis nicht ausreichend, andere Unterlagen aus verschiedensten Fachbüchern. Aufgrund des großen Umfangs werde ich dieses Thema weiter unterteilen. In Teil 1 geht es hier nun vor allem um den chemischen Aufbau, Grundlegendes über die Bedeutung im Körper und den Zufuhrempfehlungen laut D-A-CH

Zunächst aber zum Aufbau:

Fette sind eine Verbindung aus Glycerin und Fettsäuren. Weil auf dem dreiwertigen Alkohol Glycerin meist drei Fettsäuren mittels Veresterung (Anm.:Die Ester entstehen wenn die Säuregruppe der Fettsäuren, COOH, mit einer der Alkoholgruppen des Glycerins, OH, reagieren. Unter Wasserabspaltung, H2O, verbinden sich die beiden Moleküle wo bei ein Sauerstoffatom das bindende Glied ist. Natürlich exisitiert diese Reaktion auch noch bei anderen Molekülen, der Chemiker spricht deshalb immer von einer Veresterung) sitzen spricht man auch von Triglyceriden. Interessant für die Ernährung sind vor allem genau diese Fettsäuren. Sie werden anhand ihrer Kettenlänge und ihrer Doppelbindungen eingeteilt. Fettsäuren ohne Doppelbindung nennt man gesättigt, mit einer Doppelbindung einfach ungesättigt und mit mehreren Doppelbindungen mehrfach ungesättigt. Letztere werden nach der Zahl der Doppelbindungen weiters unterteilt (Diensäure, Triensäure, Tetraensäure). Zudem ist auch noch der Ort der Doppelbindung wichtig: Wenn man vom unveresterten Ende (um das ganze noch etwas zu verkomplizieren: das CH3-Ende) der Fettsäure runterzählt bis zu der ersten Doppelbindung so spricht man jeweils von Omega-3, Omega-6 oder Omega-9 Fettsäuren .
Zudem unterscheidet man noch die Isometrie der Doppelbindungen: den cis- oder trans-Fettsäuren 
(Hier muss ihr ehrenwerter Autor etwas weiter ausholen: Wie im richtigen Leben so ist auch in der Chemie nicht immer alles schwarz und weiß. Gerade in der organischen Chemie kann ein Molekül je nach Anordnung der Atome unterschiedlich reagieren ohne aber die Anzahl derer zu verändern. Deutlich wird dies bei den Doppelbindungen der Fettsäuren: cis-Isomere-Fettsäuren haben die angehängten Atome an einer Doppelbindung immer an der selben Seite und kommen in der Natur am häufigsten vor. Bei den trans-Isomeren-Fettsäuren sind die angehängten Atome in der entgegengesetzten Richtung angehängt und kommen unter anderem im Pansen der Kuh vor und wurden früher durch industrielle Härtung hergestellt. Sie sind höher und länger erhitzbar als ihre cis-Isomere weshalb sie vor allem in der Bäckereitechnik oft und gerne eingesetzt wurden (bis zur Einführung der Grenzwerte 2009) )
zu guter Letzt unterscheidet man noch von ihrer physiologischen Wirkung – in nicht essentielle  und essentielle Fettsäuren (essentiell= lebensnotwendig). Bei den letzteren gibt es aber nur 2: Die Linolsäure (Omega 6) und die Alpha-Linolensäure (Omega 3).

Was sind nun die Funktionen der Lipide? Wo sind sie zu finden? Warum überhaupt Fett zu sich nehmen?  
Nun hierfür gibt es ein paar sehr gute Gründe:

Im Körper muss zunächst einmal zwischen 3 „Fettarten“ unterschieden werden:
  • Dem Depot- oder auch Speicherfett welches vor allem aus der gesättigten Fettsäure Palmitinsäure besteht und zur Speicherung von Energie dient. Ein Gramm Fett hat übrigens einen Energiewert von 27,7 kJ bzw. 9 kcal.
  • Dem Strukturfett, auch Strukturlipide, welches Zellen aufbaut und auch Bestandteil des Nervengewebes und der Retina (Netzhaut des Auges) ist.
  • Und dem Baufett, das vor allem als mechanischer Schutz dient im Gesäß, Fußsohle etc. Dieses wird nur in extremen Notfällen bei Unterernährung abgebaut. Sehr „schön“ zu sehen bei eingefallenen Augen bei Hungerkatastrophen.
Weiters sind Fette beteiligt an der Bildung einiger Hormone. Genauer gesagt sind die essentiellen Fettsäuren Ausgangsstoffe für die Eicosanoide, die als Regulatoren der Immunfunktion wirken → Prostaglandine, Prostacycline, Leukotriene, Thormboxane. Um den Rahmen nicht zu sprengen werde ich vorerst diese Gruppe nicht weiter erläutern.

Darüber hinaus sind sie über den Cholesterinstoffwechsel beteiligt bei der Bildung von Gallensäuren (Ironie in sich: die Gallensäure sorgen vor allem für die Aufnahme der Fette im Körper, doch dazu mehr in Teil 2) und die Träger der fettlöslichen Vitamine (A,D,E,K)

Die deutsch-österreichisch-schweizerische Gesellschaft für Ernährung (kurz: D-A-CH) hat zur Zufuhr von Fetten folgende Referenzwerte in ihrem Bericht vom Jahr 2000 ausgegeben:

  1. Insgesamt soll die Gesamtenergiezufuhr von Fetten 25-30% betragen.
  2. Gesättigte Fettsäuren sollten einen Anteil von kleiner gleich 10% der gesamt Energiezufuhr haben bzw. kleiner gleich 1/3 der Fettzufuhr.
  3. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (auch Polyenfettsäuren) sollten einen Anteil von größer gleich 2/3 der Fettzufuhr sein.
  4. Das Verhältnis von Omega-6 Fettsäuren (2,5% der Energie) zu Omega-3 Fettsäuren (0,5% der Energie) sollte kleiner gleich 5:1 sein.
  5. Trans-Fettsäuren sollten weniger als 1% der Nahrungsenergie ausmachen und
  6. Cholesterin sollte mit kleiner gleich 300 mg pro Tag aufgenommen werden.
Beachtet werden muss dass Säuglinge und Kleinkinder einen höheren Bedarf essentieller Fettsäuren haben und der Anteil von Fetten an der Gesamtenergiezufuhr höher ist.

Für den Laien sind diese Werte natürlich etwas unverständlich (wer rechnet sich auch schon aus wieviel mg Cholesterin in seiner Nahrung steckt). Als Faustregel gilt: Benutzen sie mehr pflanzliche Fette (Anm.: Sobald flüssig spricht man von fetten Ölen (fette Öle deshalb um sie namentlich von den Mineralölen zu unterscheiden)) als tierische beim Kochen. Vor allem die Qualität der Fette macht den Unterschied, nicht die Quantität. Und: essen sie mehr Fisch! Fisch enthält die hochwertigen Omega-3 Fettsäuren weshalb der in Österreich früher übliche Fisch-Freitag nicht die schlechteste Idee war.

Wie verdauen wir nun die Fette? Was geschieht mit ihnen in unserem Körper? Was bedeutet HDL und LDL? - mehr dazu in Teil 2 der Lipide